Praxissemester

Praxissemester

18. Feber 2016
 / 
Innsbruck hat nun eine Architektur- und Kunstschule für Kinder und Jugendliche. Der Bau strahlt genau jene Kreativität aus, die man hier fördern will.

Erschienen in Baumeister, Januar 2016

Innsbruck hat seit kurzem eine Kunst- und Architekturschule. Bei so einem Namen denkt man landläufig an staatliche Hochschulen oder städtische Weiterbildungsinstitute.

Diese aber geht auf eine private Initiative zurück, die sich auf einem von der Stadt Innsbruck temporär zur Verfügung gestellten Grundstück ein Gebäude errichtet und dies größtenteils privat finanziert hat – einem Crowdfunding Projekt vergleichbar: über Spenden von Privatpersonen, Firmen sowie durch zahlreiche freiwillige Material- und Arbeitsleistung. Der laufende Betrieb wiederum wird zu fast zweidrittel über öffentliche Förderungen finanziert.

Allein die Form des Gebäudes strahlt jene Kreativität, Individualität und Freiheit aus, die hier zukünftig das tägliche Arbeiten mit Kindern und Jugendliche prägen wird. Die Schule steht am Rande eines öffentlichen Stadtparks und scheint aus mehreren ineinander verschachtelten Bauteilen zu bestehen. Eine großzügige, langgestreckte Glasfassade gewährt vom Park aus Einblicke, die weiße Außenhaut des Gebäudes glänzt im Sonnenlicht und wer das Gebäude betritt, wird überrascht sein: Alles ist aus Holz – Wände, Decken, Boden, Möbel. Die einzelnen Räume sind großzügig proportioniert und nicht durch Wände voneinander getrennt. Lediglich der Zeichen- und Malsaal ist durch eine raumhohe Glaswand vom übrigen Raum abgetrennt. Das Innere erinnert an eine Werkstatt, auch die schrägen Wände und Böden, die ineinanderfließenden Räume haben wenig mit einem Schulgebäude zu tun, wie wir es kennen.

„Die Kinder nehmen es immer sofort als das Ihre an“, erzählt Monika Abendstein,  Leiterin der Schule.  „Sie mögen daran, dass es hell und aus Holz ist und dass es keine abgeschlossenen Räume gibt.“

Die Schule nennt sich bilding – eine Wortkombination aus Bild und Ding – und bietet ein Kursprogramm für Malerei, Bildhauerei, Design, Architektur und Film/Neue Medien für Kinder und Jugendliche von 4 bis 19 Jahren an. Die Initiatorin – Monika Abendstein – will jungen Leuten die Gelegenheit bieten mit Kreativen zu arbeiten und dabei ihre eigenen Fähigkeiten zu entdecken und Raum für persönliche Entfaltungsmöglichkeiten zu haben – Dinge, für die in der klassischen Schulausbildung oft wenig Platz ist. bilding ist aus dem Architekturvermittlungsprogramm für Kinder und Jugendliche im aut. architektur und tirol, dem Tiroler Haus der Architektur, und der Innsbrucker Kunstschule hervorgegangen. So wie hier in Zukunft viele junge Menschen ein- und ausgehen werden, viele kreative Persönlichkeiten das Programm mitgestalten werden, so zeichnet für den Bau auch nicht eine Einzelperson, sondern eine Gruppe von Studierenden der Universität Innsbruck verantwortlich. Das Architekturinstitut ./studio3, hat unter der Betreuung der Assistenten Verena Rauch und Walter Prenner diese Bauaufgabe als Entwurf mit anschließender Realisierung übernommen. Unterstützt wurden sie vom Architekten Wolfgang Pöschl. 27 Studenten haben sich dafür gemeldet und in Kleingruppen Entwürfe ausgearbeitet, von denen eine Jury im Dezember 2014 ein Konzept zur weiteren Bearbeitung ausgewählte. Die Studenten haben für dieses Projekt die Ausführungsplanung gemacht und anschließend in Zusammenarbeit mit zahlreichen Firmen das Gebäude errichtet. Sie haben sich dabei nicht nur um das Gebäude gekümmert, sondern  auch die Einbaumöbel und die Außenraumgestaltung geplant sowie realisiert und das alles innerhalb von etwas über einem halben Jahr.

Gebaut wurde mit großformatigen Massivholzplatten. Diese bilden im Inneren an Boden, Wand und Decke zugleich die fertige Oberfläche. Der hölzerne Rohbau wurde lediglich mit einer weißen, wasserabweisenden Folie überspannt. Keine Wärmedämmung, Rinnen etc. …

Wir sitzen an einem der großen hölzernen Werktische und Architekt Wolfgang Pöschl, ist noch immer begeistert, dass die Materialwahl – die Brettsperrholzplatten – den Selbstbau dieser räumlich komplexen – den rechten Winkel wenig beachtenden Raumform – so einfach zuließ. Monika Abendstein wiederum erzählt, wie sie vorher auf beengtem Raum, an den unterschiedlichsten Orten ihr Vermittlungsprogramm durchführen musste. Jetzt gibt es dafür ein eigenes Gebäude, bei dem Form und Inhalt so gut zusammen passen.

Diesen Herbst hat das Kursprogramm begonnen – es ist für Kinder und Jugendliche kostenlos. Sicher werden alle Kinder, die täglich im Park spielen, das Gebäude schon erkundet haben. So kann es gelingen auch jene Bevölkerungsschichten anzusprechen, die ihre Kinder nicht von selbst in den Kunstunterricht schicken. „Jedes Kind ist von Haus aus begabt, es hängt nur von Personen und Möglichkeiten ab, ob diese Begabung verkümmert oder sich entwickeln kann“, so Arno Ritter, Mitinitiator und Leiter des aut. Das bilding soll Raum und die Rahmenbedingungen für solche Entfaltungsmöglichkeiten bieten. “Hier können sie etwas mitnehmen, dass ihnen später vielleicht einmal eine andere Sichtweise und Entscheidungsgrundlage für die Gestaltung unserer Umwelt erlaubt.“ Die Studenten der Uni Innsbruck haben indes ihren Crashkurs in Bauen bravourös gemeistert und diese Erfahrung wird ihnen keiner mehr nehmen können.